22 June 2017: Kick-off Summary
Am bisher heissesten Tag des Jahres hat er stattgefunden, der Kick-off des ThinkTanks FEMALE SHIFT in den Räumen des angenehm gekühlten GDI Gottlieb Duttweiler Instituts in Rüschlikon. Es ging um Konfliktlösung. Wir wollten wissen, wie Persönlichkeiten aus ganz verschiedenen Tätigkeitsbereichen ganz persönlich mit Konflikten umgegangen sind, was sie daraus gelernt haben und was sie uns aus diesem Lernprozess weitergeben wollten. Dies nicht als Referat, sondern in Form von Storytelling: persönliche Geschichten frei erzählt.
Adrian Nösberger erzählte von einer konfliktgeladenen Situation, die an einem bestimmten Tag in einer Art Showdown in einem Eklat hätte enden sollen. Am Abend davor hatte er plötzlich eine „Erleuchtung”: Es ging der Gegenpartei um etwas ganz anderes als das, was bisher der Brennpunkt gewesen war. Er hatte sich an einem Thema echauffiert, das nur die Verkleidung des eigentlichen Problems war. Mit dieser Erkenntnis ist er in die Konflikt(lösungs)-Sitzung gegangen, wo es zu einer für beide Seiten annehmbaren Lösung gekommen ist. Sein Rat: Ganz sichergehen, was der eigentliche Konflikt ist, bevor man sich für einen Scheinkonflikt aufreibt.
Barbara Ellenberger geriet an einer ihrer beruflichen Stationen in eine Situation, die ihr Vorgänger in diesem Job verursacht hatte und die von allen Beteiligten – einem ganzen Theaterbetrieb – als fast unerträglichen Konflikt empfunden wurde. In einem langwierigen Prozess gelang es ihr aber, Vertrauen in die neue Intendantin zu kreieren. Wie ist ihr das gelungen? Zwei Schlüsselwörter hat sie immer wieder genannt: Kommunikation und Zusammenarbeit. Keine Hexerei also, keine Tricks, keine neue Führungsphilosophie, sondern ein altbewährtes Rezept, zur Nachahmung empfohlen. Der Erfolg mit dem von ihr mitbegründeten «Hildesheimer Modell» hat ihr Recht gegeben.
Dr. Patrick Imhasly kann nicht gerade als konfliktscheu bezeichnet werden, schreibt er doch seine Kolumnen für die «NZZ am Sonntag» in der Rubrik «49 Prozent». Damit ist die Tatsache gemeint, dass Frauen 51 Prozent der Menschheit ausmachen… Dementsprechend interessant sind seine Texte, in die er oft auch seine persönliche Situation hineinmischt: Vater von zwei Söhnen (6 und 8 J.) und Ehemann einer Frau, die ebenfalls in einer verantwortungsvollen Position arbeitet – beide in individuell ausgehandelten Arbeitsmodellen, die trotz aller guten Organisation immer noch genügend Konfliktstoff bieten. Seine Erkenntnis für arbeitende Eltern: „Das Managen eines Haushalts mit Kindern ist die beste Vorbereitung für den Umgang mit stressigen Situationen – weit wirksamer als jedes Seminar im Job.”
Dr. Lili Nabholz erzählte uns mit grosser Offenheit von ihren konfliktbeladenen Anfängen in der Schweizer Politik als eine der „Frauen der ersten Stunde” in den 70er Jahren. Die Gäste hörten mit grossem Interesse zu, als eine Quer-Einsteigerin, ausgestattet mit einem ausgesprochenen Gerechtigkeitssinn, schilderte, wie sie sich ihren Weg durch viele Fettnäpfchen, Scheinkonflikte und Lernprozesse hindurch erkämpfen musste. Was nehmen wir von ihr mit? Ohne Allianzen geht es nicht, wenn man etwas Schwieriges durchbringen will! Rückblickend auf ein paar Jahrzehnte erfolgreichen Politisierens heisst ihr persönliches Fazit: „Es hat sich trotz allem gelohnt.” Und ihr Rat an die jungen Frauen von heute: „Tut es! Geht in die Politik und bewirkt dort Veränderungen.”
In der letzten Stunde des Anlasses stellte Professor Gerhard Buurmann im Dialog mit Dr. Monique R. Siegel unter dem Titel «Mission & Vision» Forschungsgebiete, Themenschwerpunkte und Grundlagen für die künftigen Tätigkeiten des ThinkTanks vor. In der inhaltlich und visuell überzeugenden Präsentation betonte er den zukunftsorientierten Charakter dieser potentiellen Studien, Workbooks und Projekte, die der ThinkTank zusammen mit Partnern aus Universitäten und Hochschulen wie auch mit Unternehmen verwirklichen will. Allerdings gehört er auch zu den Menschen, die sich für eine konfliktärmere, lebenswerte Gegenwart stark machen…
Moderiert wurden die Q&A-Sessions professionell und engagiert von Dr. Chrisoph Nabholz, der es verstand, mit klugen Fragen, abgestimmt auf jede und jeden Einzelnen, kluge Antworten zu bewirken.
Vorstandsmitglied Karin Frick (Head of Research GDI) begrüsste die Gäste als „Hausherrin”; sie betonte in ihren Einführungsworten den Pioniercharakter des ThinkTanks und seiner Gründerinnen.
Ihr folgte Vereinspräsidentin Rosmarie Michel, die auch den Abschluss der gelungenen Veranstaltung bestritt, indem sie an das persönliche Engagement der Anwesenden – zum Beispiel als Vereinsmitglied, als Experte/Expertin oder auch als Host eines Roundtable-Anlasses – appellierte.
Der heisse Tag hatte sich um 19.00 Uhr so weit abgekühlt, dass er einen temperaturmässig angenehmen Abend auf der GDI-Terrasse bot, der durch lebhaften Austausch von Visitenkarten, anregende Gespräche und das schmackhafte Flying Dinner abgerundet wurde.