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Hommage an die EuroKultur-Frau

Gesegnet mit einem phänomenalen Gedächtnis, intuitiv und kreativ und ausgestattet mit einem bemerkenswerten, breit gefächerten Fachwissen, war Monique Siegel gleichsam prädestiniert, 2006 ihren eigenen Vorlesungszyklus in europäischer Geschichte ins Leben zu rufen. Sie gab ihm den Namen EuroKultur. In dieser sich über mehrere Semester erstreckenden Vorlesungsreihe lehrte sie die TeilnehmerInnen die historischen Zusammenhänge Europas von der Antike bis zur Gegenwart, stets mit besonderem Fokus auch auf die Geschicke der Frauen in den jeweiligen Epochen. Mit Leidenschaft, Charme und Witz und dank ihrer unvergleichlichen Sprachkompetenz verstand es Monique Siegel, ihre ZuhörerInnen zu begeistern. Anschauliche Präsentationen, Videos und musikalische Einspielungen ergänzten ihre Ausführungen, welche zum Ziel hatten, die Geschichte Europas nicht nur als eine Aufzählung von nackten Fakten und Zahlen zu erleben, sondern vielmehr die Zusammenhänge zu verstehen. Politik, Religion, Zeitgeist, Kunst und Kultur einer bestimmten Epoche stehen in Wechselwirkung zu einander. Als Beispiel und stellvertretend für andere möge hier die Zeit des Absolutismus unter Ludwig XIV genannt werden, in der sich der Regierungsstil in der opulenten Architektur, den strengen, die Macht zur Schau stellenden Gartenanlagen und der ausschweifenden Musik widerspiegelte. Genau diese Betrachtungsweise wollte Monique Siegel ihren «SchülerInnen» beibringen, und manch eine(r) wurde sich dabei bewusst, dass sie/er sich während der eigenen, wohl lange zurückliegenden Mittelschulzeit diese Art von Geschichtsunterricht nur allzu gerne gewünscht hätte.

Die EuroKultur-Vorlesungen erfreuten sich einer so grossen Beliebtheit, dass sie in drei Staffeln wiederholt wurden. Die nicht minder erfolgreiche Nachfolgeserie Macht und Moral beleuchtete alsdann vertieft auch die ethischen Aspekte. Der Besuch der EuroKultur– und Macht und Moral-Vorlesungen stellten für mich persönlich eine grosse Bereicherung dar. Ich zehre bis heute davon und blättere auch jetzt noch hin und wieder gerne in der abgegebenen Dokumentation.

Monique Siegel wäre nicht Monique Siegel gewesen, wenn sie sich nach ihrer Vorlesungsreihe zur Ruhe gesetzt hätte. Unermüdlich und stets um die Verbesserung der Stellung der Frau kämpfend, arbeitete sie mit tatkräftiger Unterstützung von Rosmarie Michel weiter an einem neuen Konzept, dem ThinkTank FEMALE SHIFT, der – wie sie mir vor noch nicht allzu langer Zeit und bereits gezeichnet von ihrer schweren Krankheit anvertraute – ihr Vermächtnis sein sollte. Ich gebe meiner Hoffnung Ausdruck, dass es gelingen wird, das Gedankengut dieser aussergewöhnlichen Persönlichkeit, die Monique Siegel war, weiterzupflegen und -zuentwickeln.

 

Marlyse Walti, EuroKultur-/Macht und Moral-Teilnehmerin
Mitglied Beirat ThinkTank FEMALE SHIFT
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