50 Jahre Frauenstimmrecht in der Schweiz

Mutigen und engagierten Frauen ist es zu verdanken, dass am 7. Februar 1971 ein Meilenstein für die Gleichstellung von Frau und Mann erreicht wurde. Jahrzehntelang kämpften Frauen für gleiche politische Rechte. Als letztes Land Europas hatte auch die Schweiz dieser Verfassungsänderung zugestimmt.

Anlässlich dieses historischen Ereignisses wird im Monat Februar auf SRF «Gesichter und Geschichten» jeden Tag ein Beitrag dazu ausgestrahlt. Den Anfang hat Rosmarie Michel, unsere Präsidentin des ThinkTank FEMALE SHIFTS, gemacht.

Rosmarie Michel – SRF Gesichter und Geschichten

Die Zürcher Unternehmerin Rosmarie Michel hat die Annahme des Frauenstimmrechts dazumal gemeinsam mit ihrer Mutter in München gefeiert. Bereits als junge Frau war sie sich gewohnt, in der Familien-Firma, Confiserie Schurter in Zürich, Verantwortung zu übernehmen. Nach ihrer beruflichen Ausbildung an der Hotelfachschule Lausanne und diversen Tätigkeiten im In- und Ausland kehrte sie 1956 nach Zürich zurück und übernahm neben der Geschäftsleitung des eigenen Geschäftes zahlreiche VR-Mandate. Nebenamtlich war sie auch Präsidentin des Internationalen Verbandes BPW (Business and Professional Women) und Vicechair von Women’s World Banking (Microcredits). «Ein Gesetz, das vorschreibt, dass der Ehemann mit der beruflichen Tätigkeit seiner Frau einverstanden sein muss, ist für mich unverständlich». Sie machte sich seit jeher stark für die Integration von Frauen in Entscheidungsgremien. Ihr Credo: in Zukunft braucht es Diversität auf allen Ebenen von Kulturen, Geschlechtern und Generationen.

Foto: Screenshot aus dem SRF Video

«50 Jahre Frauenstimmrecht: Ist Jubel ist fehl am Platz?»

Der folgende Artikel der NZZ bietet eine kritische Beleuchtung des Themas Frauenstimmrecht im Kontext zur Geschichte der Demokratie und deren Bedeutung und Zweck. Das Kernthema der geschlechtlichen Gleichstellung und Autonomie, das durch das Jubiläum des Frauenstimmrechts in den Fokus rückt, wird dadurch in einen grösseren Rahmen gestellt und regt zum Reflektieren und Nachdenken an. Als der französische Politiker und Historiker Alexis de Tocqueville im 19. Jahrhundert die Demokratie in Amerika untersuchte, sagte er:

«Denn je geringer die Ungleichheiten werden zwischen den Menschen, desto stärker setzen sie sich mit ihnen auseinander»

Das 50-jährige Jubiläum kann als namhafter Meilenstein für das Werden der Demokratie in der Schweiz angesehen werden. Doch ist die Demokratie tatsächlich die bestmögliche Staatsform, die allen Menschen die grösstmögliche Freiheit bietet? Erinnert man sich an die Monarchien, so hing dazumal die Regierungsfähigkeit an Blutsbanden und wurde nicht anhand des Geschlechts bestimmt. Die Demokratie ging also nicht immer mit Freiheit und Gleichheit einher – zumindest nicht für die Frauen. Ein demokratisches System unter Einbezug beider Geschlechter, das auf gleichen Rechten beruht, braucht Pflege und ist ein fortdauerndes Projekt. Dies ist nicht zuletzt auch gesellschaftspolitischen Veränderungen und einem Dialog und Austausch über das Zusammenspiel der Diversität von Geschlechtern, Kulturen und Generationen zu verdanken.

Grundlegende Rechte sind heute nicht mehr an Identitäten geknüpft, die auf Körpermerkmalen basieren. Und wenn sich solche Identitäten in den Gesellschaftsdiskursen auch dauernd zu vermehren scheinen, so sind wir immerhin noch nicht so weit gekommen, auch Gichtpatienten spezifische Geistesmerkmale zu unterstellen. Vielleicht darf man also weiterhin hoffen, dass wir eines Tages dazu gelangen, die Menschheit als Ganzes zu denken und dabei jedem einzelnen Menschen ein individuelles Wesen zuzugestehen.

Eine kritische Betrachtung des Artikels bietet die Möglichkeit über die Bewegung «Female Shift» nachzudenken und zu reflektieren. In den letzten Jahren gab es viele positive Veränderungen in Richtung Gleichstellung. Doch auch ein halbes Jahrhundert später ist die Gleichstellung noch nicht überall erreicht. Bezüglich Lohnungleichheit sind in der Schweiz heute noch grosse Unterschiede festzustellen. Eine weitere Ungleichheit ist die Unterrepräsentation von Frauen in Verwaltungsräten, Führungspositionen oder im Parlament. Veraltete Stereotypen, die insbesondere während der Corona-Zeit wieder zum Vorschein gekommen sind, gilt es in Zukunft zu durchbrechen. Es ist ein voranschreitender Prozess der weiterhin gepflegt, ausgebaut und gelenkt werden sollte.

Den vollständigen NZZ Artikel finden Sie unter:
https://www.nzz.ch/meinung/frauenstimmrecht-das-jubilaeum-als-denkmal-betrachtet-ld.1592125

Doris Gisler Troug – Die Frau hinter der Kampagne

«Entscheidend war, dass ich die Männer nicht als Feinde betrachtete»

So lautete der Ansatz, welchen Doris Gisler Truog in der Kampagne zur Einführung des Frauenstimmrechts verfolgte. Ende der 1960er-Jahre wurde sie vom damaligen Zürcher Stadtpräsidenten Emil Landolt für die Werbekampagne des Frauenstimmrechts engagiert. Massgebend für die Kampagne war für Doris Gisler ein Dialog auf Augenhöhe zu führen. Dies nicht nur mit der Abbildung einer Männerhand mit Blumenstrauss und dem Slogan: «Den Frauen zuliebe – ein männliches Ja!». Sondern auch die dazugehörigen Texte waren für den Durchbruch entscheidend, die auf die herrschenden Gegenargumente ansprachen und dialogisch gekonnt eingingen.

«In früheren Kampagnen wurden Männer wie Feinde angesprochen. Bei meiner waren sie auf Augenhöhe, gleichberechtigt. Als ich das Konzept entwickelte, hatte ich meinen Vater vor Augen und einen sehr liebenswerten Freund, der gegen das Frauenstimmrecht war. Männer wie ihn wollte ich überzeugen.»

In Zürich geboren war Doris Gisler Truog unter anderem für die Redaktion der Schweizer Ausgabe der französischen Modezeitschrift «ELLE» verantwortlich. Ausserdem leitete sie mit ihrem ersten Ehemann die renommierte Gisler&Gisler Werbeagentur und übernahm später auch deren Führung. Aus ihrer ersten Ehe hat sie zwei Töchter.

Lesen Sie das vollständige Interview mit Doris Gisler Truog im Tages-Anzeiger:
Interview mit legendärer Werberin – «Entscheidend war, dass ich die Männer nicht als Feinde betrachtete» | Tages-Anzeiger

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Gedankenanregungen – UZH Ringvorlesung

Auch die Universität Zürich betätigt sich am historischen Rückblick und nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, das Thema Frauenrechte und Demokratie aus unterschiedlichen disziplinären Per­spek­tiven zu beleuchten. Ausgehend von der Einführung des Frauen­stimmrechts im Jahr 1971 werden aktuelle Fragen zur Bedeutung von Demokratie, Menschen­rechten und Gleich­stellung in Wissenschaft, Politik und Kunst, in Form von visuellen Veranstaltungen (Zoom-Meetings) behandelt.

Ist Ihr Interesse geweckt? Unter folgendem Link finden Sie detaillierte Informationen zu den Veranstaltungen, sowie den Terminen und Ablauf:
UZH – Universität Zürich – «Ebenso neu als kühn» – 50 Jahre Frauenstimmrecht in der Schweiz

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